Irgendwas ist immer – die Zuverlässigkeit leidet unter Schwachstellen im Lausitzer Bahnnetz
Sind Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit im Regionalverkehr in Südbrandenburg 2023 zurück gegangen? Statistische Zahlen dazu haben wir nicht. Zumindest lassen unsere Beobachtungen die Vermutung zu, dass die Qualität in puncto Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit geringer geworden ist.
Beispiel Halbe – Berlin (RE7)
Hier verkehrte bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022 die RB24 mit einer relativ guten Pünktlichkeit. Seit dem 11. Dezember 2022 fährt nun in Folge eines Linientauschs der RE7 von Senftenberg über Großräschen, Calau, Lübbenau und Lübben nach Königs Wusterhausen und Berlin. Zwischen Senftenberg und Königs Wusterhausen hat sich gegenüber der RB24 am Haltekonzept nicht viel geändert. Der RE7 bedient alle Unterwegs-Stationen wie eine RegionalBahn. Auch der Fahrplan blieb bis auf Nuancen gleich. Lediglich die Züge wurden länger. Montags bis freitags fährt der RE7 mit einer Doppeltraktion aus einem 5-teiligen und einem 3-teiligen Talent. Nördlich von Königs Wusterhausen fährt der RE7 nicht mehr via Schöneweide, Richtung Ostkreuz, sondern über den östlichen Außenring und Ostkreuz direkt auf die Stadtbahn, was schon eine deutliche Angebotsverbesserung darstellt. Wenn man nicht gerade Pendler Richtung Schöneweide ist. Hier heißt es seit Dezember 2022: Umsteigen in Königs Wusterhausen in die S-Bahn. Und hier liegt kommt die Themen Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit ins Spiel. Für den Umstieg vom RE7 auf die S46 haben die Fahrgäste in Königs Wusterhausen 5 Minuten Zeit, inklusive Bahnsteigwechsel. Wenn der ausgerechnet in der morgendlichen Hauptverkehrszeit regelmäßig ca. 5 Minuten verspätete RE7 in Königs Wusterhausen eintrifft, können die Fahrgäste nur noch der ausfahrenden S-Bahn hinterherschauen. Benötigten Fahrgäste bis zum 10. Dezember 2022 rund eine halbe Stunde Fahrzeit zum Beispiel von Halbe bis Schöneweide, verlängerte sich diese durch den Umstieg auf 44 Minuten. Bei Anschlussverlust wächst die Fahrzeit auf über eine Stunde, da die S46 ab Königs Wusterhausen nur alle 20 Minuten verkehrt.
Beispiel Großräschen – Cottbus (RE7/RE13)
Diese Verbindung gab es bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022 eigentlich nicht. Jedenfalls nicht in annehmbarer Form. Einer Pkw-Reisezeit von ca. 30 Minuten stand eine ÖV-Reisezeit von fast 1,5 Stunden gegenüber. Insofern hat sich hier noch nichts verschlechtert, aber auch nicht so wirklich verbessert. Der neue RE13 bietet nun zumindest montags – freitags in Sedlitz einen guten Anschluss vom RE7 aus Großräschen nach Cottbus. Die neue Reisezeit ist mit 33 Minuten sehr gut. Aber: im ersten Monat nach dem Dezember-Fahrplanwechsel gab es bei RE7 und RE13 zahlreiche Ausfälle sowie beim RE7 auch zahlreiche größere Verspätungen. Fahrgäste, die die neue Verbindung testen wollten, strandenten oftmals in Sedlitz im Nirvana der fehlenden Fahrgastinformation. Anschluss weg. Potentieller neuer Fahrgast auch wieder weg. Auch heute kommt es immer wieder zu Verspätungen des RE7 von 5-25 Minuten, wenngleich die meisten Züge inzwischen pünktlich fahren. Aber das Gefühl der Unzuverlässigkeit bleibt und schreckt potentielle Fahrgäste leider immer noch ab.
Beispiel Dresden – Cottbus (RE15/RE18/RB49)
Als Pendler zwischen Südbrandenburg und der sächsischen Landeshauptstadt ist man eines nicht gewohnt: Tempo. Gemächlich zuckeln die Regionalzüge der Linie RE18 Cottbus – Senftenberg – Ruhland – Ortrand – Dresden spätestens ab Sedlitz/Senftenberg vor sich hin. Mehr als 100 km/h geht nicht. Oftmals nicht mal das. Die Linie firmiert als RegionalExpress, was geradezu wirkt als würde man die Fahrgäste auch noch auslachen. Gleiches gilt für den RE15 Hoyerswerda – Ruhland – Ortrand – Dresden. Beide Linien ergänzen sich zwischen Ruhland und Dresden zu einem 1-Stundentakt.
In den letzten Wochen und Monaten kam noch etwas hinzu, was in den letzten zwei Jahren zwar auch ab und passierte, aber nicht in der aktuellen Häufigkeit. RE15 und RE18 fahren ab Dresden in Richtung Cottbus zum Teil deutlich verspätet. Manchmal sind es 10-15 Minuten. Bis Ortrand oder Ruhland kann diese Verspätung aber auch bis zu 30-50 Minuten anwachsen, weil der verspätete Zug durch die dicht belegte Strecke zwischen Dresden und Priestewitz gepresst werden muss, ab Priestewitz wieder 100 km/h sowie 1-Gleisigkeit angesagt sind und man auf z.B. in Priestewitz und Ortrand auf entgegenkommende Züge warten muss. Die Folge sind entweder weitere Verspätungen bei Anschlusszügen ab Ruhland, Senftenberg und Cottbus oder der Verlust der Anschlüsse. Da auch keine aktive Fahrgastinformation in den Zügen zu gehaltenen und nicht gehaltenen Anschlüssen erfolgt, fährt die Angst um den Anschlussverlust immer mit.
Zu viele 1-gleisige Hauptstrecken in Südbrandenburg potenzieren eine einzelne Verspätung, ein Szenario
Auf Grund der 1-Gleisigkeit zwischen Priestewitz und und Ruhland übertragen sich Verspätungen des RE15 und RE18 schnell auf die Gegenrichtung. Ähnlich sorgen auch beim RE7 ein langer 1-gleisiger Abschnitt zwischen Lübbenau und Großräschen, fehlende zweite Bahnsteige in Altdöbern und Großräschen und die zurück gebaute Kreuzungsmöglichkeit am Halt Luckaitztal für Engstellen im Netz.
Ein Beispiel: Eine Spirale von Ereignissen kann durch einen einzelnen Zug des RE7, der irgendwo in Berlin Charlottenburg aus dem Fahrplan geraten ist, ausgelöst werden. Der RE10 nach Leipzig muss in Calau auf den verspäteten RE7 warten. Die Folgeverspätung des vor dem 1-geisigen Abschnitt zwischen Altdöbern und Großräschen wartenden Gegenzuges RE7 nach Berlin und Dessau ist vorprogrammiert. Der Anschluss des RE7 an den RE13 nach Cottbus ist gefährdet. Der RE18 Cottbus – Dresden wartet in Senftenberg auf den verspäteten RE7 und nimmt die Verspätung mit in den Knoten Ruhland sowie die wieder 1-gleisige Strecke Ruhland – Priestewitz. In Großenhain wartet der entgegenkommende RE15 Dresden – Hoyerswerda und hat jetzt auch Verspätung, Anschlussverluste in Ruhland sind die Folge. Nur ein Beispiel, aber leider keine Theorie.
Was muss sich ändern?
Neben der Überprüfung betrieblicher Abläufe kommt man an Maßnahmen am Streckennetz nicht vorbei. PRO BAHN Lausitz hat schon mehrfach seit einigen Maßnahmen vorgeschlagen, deren Umsetzung dringend erforderlich ist, um einen dauerhaft stabilen Betrieb zu gewährleisten:
durchgehende Geschwindigkeit Cottbus – Dresden und Lübbenau – Senftenberg für 120 km/h
Errichtung eines 2. Bahnsteigs in den Bahnhöfen Altdöbern und Großräschen
Zusätzlich wäre auch in Lampertswalde die Errichtung eines zweiten Bahnsteigs zu prüfen, um bei Störungen Ausweichmöglichkeiten zu haben. Zwischen Großräschen und Altdöbern würde die Beseitigung eines ca. 1,5 km langen 1-gleisigen Abschnittes für deutliche Entspannung sorgen.
Mittelfristig ist ein Ausbau der Strecke Cottbus – Ruhland – Dresden unumgänglich
2021 schien es kurz so, als sollte die Verbindung zwischen der Lausitzmetropole Cottbus und der sächsischen Landeshauptstadt eine Perspektive erhalten. Ausbau für 160 km/h und teilweise 2-gleisiger Ausbau des 1-gleisigen Abschnitts Priestewitz – Ruhland hieß es im Entwurf für das Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen. Heute ist davon keine Rede mehr. PRO BAHN Lausitz engagiert sich im Rahmen des Deutschlandtaktes gemeinsam mit dem Bündnis Schiene Berlin-Brandenburg weiterhin für die Umsetzung einer Fahrzeit Cottbus – Dresden von 70-80 Minuten, unter anderem durch Ausbau der Strecke für 160 km/h .
Bild: RE7 Richtung Königs Wusterhausen, Berlin und Dessau im Bahnhof Senftenberg